AG Wiesbaden: Lenkgetriebeaustausch erforderlich und erstattungsfähig

31. März 2022

 

Amtsgericht Wiesbaden hatte sich anlässlich eines Verkehrsunfalles mit der Frage zu beschäftigen, ob unteranderem eine Kollision mit dem linken Vorderrad des klägerischen Fahrzeuges und einer Deformation des darüberliegenden Kotflügels ausreichend sein kann, dass ein Austausch des Lenkgetriebes, seitens des außergerichtlich beauftragten freien Sachverständigen zutreffend bei der Schadenberechnung kalkuliert worden ist.

 

Das Amtsgericht Wiesbaden führte in seinem Urteil vom 06.02.2022 völlig zutreffend wie folgt aus:

 “ Der Kläger hat (vollständigen) Anspruch auf Ersatz von Vorderachsteilen (Lenkgetriebe) seines Fahrzeugs aufgrund des Verkehrsunfalls vom 18.07.2020. Die Beklagte nimmt insoweit zu Unrecht Abzüge in Höhe von 2.063,90 Euro vor. Nach dem Gutachten des Sachverständigen ** vom 20.11.2021 gibt es bereits keine Vorgabe des Herstellers Audi, dass für die Erneuerung von Achsteilen ein Vermessungsprotokoll notwendig wäre. Dies liegt daran, weil durch Achsvermessung eine Beschädigung von Bauteilen nicht ausgeschlossen werden kann. Die meisten Bauteile der Lenkung lassen sich im eingebauten Zustand nicht auf mögliche Verformungen, Risse prüfen. Dafür wären ein Ausbau und eine Untersuchung im Rahmen einer Materialprüfung erforderlich. lm vorliegenden Fall kam der Sachverständige ** aufgrund der im Sachverständigengutachten **** vom 22.07 .2020 dokumentierten Schäden am Fahrzeug des Klägers zum Ergebnis, dass eine unfallbedingte Beschädigung der linken Vorderachse mit Schiefstellung des Lenkrads aus dem Vergleich der Schadenbilder der beiden Felgen überwiegend wahrscheinlich, jedoch nicht sicher ist. Dies hat folgenden Hintergrund: Die Felge vorne rechts am Fahrzeug des Klägers weist einen ereignisfremden Schaden am Felgenrand auf. Die Krafteinwirkung an der gegenüberliegenden Seite der Vorderachse könnte also theoretisch ein ähnliches Maß wie an der bei dem Unfall beschädigten Seite erreicht haben. Der Sachverständige konnte jedoch an der Felge des linken Vorderrads des Fahrzeugs des Klägers einen großflächigen Anstoß feststellen (Abbildungen 13 bis 20 im Gutachten). Die am angrenzenden Kotflügel verbliebene Deformation war auch so groß, dass das Rad teilweise freistand. Daraus schloss der Sachverständige ** eine erhebliche Krafteinleitung auf die linke Vorderachse. Aus dem Vergleich mit dem Schadenbild der Felge an der rechten Vorderachse (Abbildungen 21 bis 22 im Gutachten) schloss der Sachverständige die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass die Beschädigung des Lenkgetriebes des Fahrzeugs des Klägers auf den Unfall vom 18.07.2020 beruht. Eine letzte Sicherheit ist vorliegend nicht erforderlich. Ob ein Schaden entstanden ist, entscheidet das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung, § 287 Abs. 1 ZPO.

 

Fazit: Der Schiefstand des Lenkrades, der Schaden an der Felge samt Beschädigung angrenzender Bauteile ist ausreichend um mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auch eine Beschädigung des Lenkgetriebes anzunehmen ohne, dass das Bauteil entfernt und einer näheren Überprüfung unterzogen wird.

Das Urteil zum Download im geschwärzten Volltext finden Sie nachfolgend.